Dortmund im Mai #2: Demonstration am Samstag 23.05.2009

Kaum sind zwei Wochen seit der Eskalation vom 1. Mai vergangen, sorgt ein weiterer Überfall für Spekulationen: in der Nacht von Samstag auf Sonntag ist eine Person von "zehn dunkel gekleideten Personen" niedergeschlagen worden und liegt zur Zeit immer noch im Koma. Öffentliche Berichte über den Tathergang:


Wir würden uns nur zu gerne eines Besseren belehren lassen, aber aufgrund der Verhältnisse in Dortmund, verschiedener Schilderungen des Tathergangs und der Art der Gewalt, die bei dem Überfall ausgeübt worden ist, gehen wir zur Zeit davon aus, dass der Überfall einen neofaschistischen Hintergrund hat!


  

"So viel Mut, ein Verbot auszusprechen, muss sein", forderte Norbert Schilff (SPD). Dortmund sei zum Aufmarschgebiet junger Menschen geworden, die bildungsfern seien, keine Perspektive hätten und durch das Land gekarrt würden. Der Westen, 14.05.2009


 


 In der Folge des 1. Mai wurde von vielen Stellen das Verbot des Naziaufmarsches im September als Patentrezept für den Umgang mit dem Naziproblem in Dortmund präsentiert. Kaum zwei Wochen später stellt die Realität das Ganze wieder in Frage – der Überfall zeigt, dass das Naziproblem in Dortmund weitreichender und komplexer ist, als dass es sich einfach verbieten lassen würde. Das Zitat von Herrn Schilff zeugt davon, dass unter den politisch Verantwortlichen weiterhin Ansichten zu finden sind, die die Problemlage offensichtlich gar nicht richtig zur Kenntnis genommen haben – oder nehmen wollen, aber bereits die Lösung wissen: sie fänden es "mutig", wenn der Polizeipräsident "das Ganze" einfach verbieten würde. Die Drahtzieher vom 1. Mai sind aus Dortmund, nicht gerade "bildungsfern" und haben eine Perspektive: den "Nationalen Sozialismus". Verharmlosung hat in der Nazifrage jedenfalls noch nie was genützt. 


 

"Alle schauten weg, als es rassistisch wurde", City Anzeiger, 28.01.2009


 


Kurzum: wir wollen also hiermit diejenigen fragen, die allzu leichtfertig nach einem Verbot des Naziaufmarsches im September gerufen haben, inwieweit das Verbot überhaupt ein Beitrag dazu leisten kann, dass faschistoide Alltagsgewalt sich nicht immer wieder Bahn bricht.


 Denn dieser Angriff ist kein isoliertes "Phänomen". In der näheren Vergangenheit kam es zu zahlreichen Ausbrüchen neonazistischer Gewalt gegen Dortmunder Bürger_innen. Im Januar dieses Jahres wurde ein Dortmunder morgens in der U-Bahn von zwei Männern und einer Frau als "Neger" beleidigt, drangsaliert und geschlagen (City Anzeiger, 28.01.2009). Mit rassistischen Beschimpfungen und körperlicher Gewalt bedrohte im März ein vorbestrafter Nazi zwei Menschen an der U-Bahn-Haltestelle Münsterstraße. Ein zu Hilfe geeilter, couragierter Dortmunder wurde von ihm zu Boden geschlagen und später in einer Hetzjagd mit Bierflaschen beworfen und verfolgt; er trug Schädelprellungen davon (Der Westen, 05.03.2009). Die Reihe neonazistischer Gewalt lässt sich mit den Anschlägen auf das Wahlkreisbüro von Ulla Jelpke, das Taranta Babu, die HirschQ und das HippieHaus fortführen und ist kennzeichnend für die Dortmunder Verhältnisse.


Wir fordern alle dazu auf am Samstag als Ausdruck der Solidarität mit dem Opfer & als Ausdruck der Wut über den neuerlichen Überfall an der Demonstration teilzunehmen. Wir werden so lange keine Ruhe geben, bis sich die Verhältnisse in Dortmund nicht grundlegend geändert haben. Es reicht – schon lange! 

DEMONSTRATION: Samstag 23.05.2009 / 13h / HBF Vorplatz in Dortmund


 


  

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